StiftsKammer Eingang

Unser Archiv

Die heilige Thiatildis als Vorbildfigur für den Glauben


Thiatildis war um 850 die erste Äbtissin des Klosters. Da sie im Rufe besonderer Mildtätigkeit stand, gab es Jahrhunderte hindurch an ihrem Namenstag auch eine Armenspeisung. Darauf ist die heutige Einladung zum deftigen Winteressen zurückzuführen, leider nicht mehr kostenfrei, wie in früheren Zeiten.

Eine der schönen Traditionen in der alten Stiftsstadt Freckenhorst hält der Heimatverein wach. Er lädt jährlich am Fest der heiligen Thiatildis, dem 30. Januar, zum Grünkohlessen ein und zeichnet dabei verdiente Bürgerinnen und Bürger aus. Vorher begibt man sich zur Festmesse in die Stiftskirche, denn Thiatildis war um 850 die erste Äbtissin des Klosters. Da sie im Rufe besonderer Mildtätigkeit stand, gab es Jahrhunderte hindurch an ihrem Namenstag auch eine Armenspeisung. Darauf ist die heutige Einladung zum deftigen Winteressen zurückzuführen, leider nicht mehr kostenfrei, wie in früheren Zeiten.

Thiatildis ist aber nicht nur auf diese Weise in Freckenhorst präsent geblieben. Der Silberschrein in der Kirche, in dem ihre Gebeine bestattet sind, ist das sichtbarste Zeichen ihrer Zeiten übergreifenden Gegenwart.

Das versteckteste Zeichen findet man jedoch in dem Museum Stiftskammer in der Petrikapelle. Dieser edle, kleine Raum birgt Gold- und Silberschätze aus vielen Jahrhunderten. Eines der wertvollsten sakralen Objekte dort   ist eine Monstranz aus vergoldetem Silber, 1681 in Köln gefertigt, eine Schenkung der seinerzeitigen Seniorin des Stiftes, Anna von Wrede.

„Monstranzen“ sind Zeigegeräte, in die eine geweihte Hostie zur Anbetung platziert wurde und wird. Der gläubige Katholik verehrt darin den gegenwärtigen Christus. Weil die Hostie für ihn das heiligste Gut ist, wurden die Monstranzen stets besonders schmuckreich und mit wertvollsten Materialien gestaltet. Das ist auch bei der Freckenhorster Monstranz so. Sie ist wie ein barocker Flügelaltar aufgebaut, in dessen Mitte sich eine kreisförmige, mit Brillanten besetzte Halterung für die Hostie befindet. Zwischen je zwei seitlichen Säulchen aber stehen zwei, kaum fünf Zentimeter große Figuren, links der heilige Bonifatius, rechts, an einem Kreuz erkennbar, zu dem sie emporblickt, die heilige Thiatildis.

Damit ist ein tiefer Sinn in dem Bildaufbau erkennbar. Ganz nah bei dem in der Hostie präsenten Christus stehen anbetend Bonifatius, der Patron der Freckenhorster Kirche, und Thiatildis, die erste Vorsteherin des Klosters. So wie sie Christus bezeugt und verehrt haben, sollen das auch alle die tun, zu denen die Monstranz bei Prozessionen getragen oder in der Kirche gezeigt wird.

Die heilige Thiatildis als Vorbildfigur für den Glauben, ganz versteckt, aber im Gold erstrahlend. Sie lädt auch ein, einmal wieder die „Stiftskammer“ zu besuchen.

Klaus Gruhn